WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 22016
Foto: Manuela Müller
Handel
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„Ich hab schon immer gern selbst was hergestellt, mit verschiedenen
Materialien gearbeitet und neue Techniken ausprobiert –
irgendwann hatte
ich dann einfach eine Überproduktion.“ Ganz billig ist das Selbermacherhobby
auch nicht, also wäre doch Verkaufen die Lösung, dachte sich Afra. „Online
war mir nicht das Richtige. Da braucht es ordentliche Bilder, schmissige Texte,
anfassen kann man die Sachen auch nicht und ohne Werbung findet es kei
ner.“ Sie versuchte es mit einem Stand auf einem Kreativmarkt, war aber auch
davon nicht überzeugt. „Das Konzept der Fächervermietung kannte ich schon
aus anderen Städten. Hier in Erfurt gab es sowas aber leider nicht, also hab
ich mir gedacht: ‚Mach ich doch selbst so einen Laden auf‘.“ Das war vor zwei
Jahren. Afra arbeitete zu dem Zeitpunkt noch festangestellt als Steuerfachan
gestellte. „Es war okay, aber nichts, was mich für die nächsten zwanzig Jahre
glücklich machen würde. Ich habe mich dann nach passenden Räumlichkeiten
umgesehen, aber mir hat der Mut gefehlt, meine sichere Arbeit aufzugeben.“
Ein Jahr später hat sie es dann doch gewagt.
„Dann ging es eigentlich ganz
schnell. Ich hab mir im Januar die Räume hier in der Pergamentergasse in Er
furt angesehen und im Februar den Mietvertrag unterschrieben. Im April be
kam ich die Schlüssel und am zweiten Mai wurde eröffnet.“ Steuerlich musste
sie sich aufgrund ihres Berufes nicht beraten lassen. „Auch die Anmeldung
beim Gewerbeamt war nicht kompliziert. Etwas schwieriger war es, erste Aus
steller zu gewinnen. Ich habe im Internet recherchiert und einfach Leute an
geschrieben.“ Zur Eröffnung hatte Afra acht Aussteller: „Das kam mir damals
viel vor, aber aus heutiger Sicht war das wirklich wenig“. Inzwischen hat sie
ein breites Sortiment an Einzelstücken: Schmuck, Kleidung für Babys, Kinder
und Erwachsene, Taschen, Seifen, Holzknöpfe, auch Pinnwände und Bilder,
die den Laden gleich noch schön dekorieren. „Bei der Auswahl ist mir wichtig,
dass ich nicht immer das Gleiche anbiete und dass alles selbstgemacht ist.“
Dazu verkauft Afra auch unter ihrem eigenen Label. „Ich hab hinten im Laden
eine Werkstatt. Wenn keine Kunden da sind, nutze ich die Zeit, um zu nähen
und zu basteln. Das ist immer noch meine große Leidenschaft.“
Natürlich verkaufen sich die Waren aus den Regalen auch im Boxes nicht von
allein.
Afra selbst findet, sie sei nicht als Verkäuferin auf die Welt gekommen,
hat aber trotzdem Spaß daran und inzwischen ein ganz gutes Gefühl dafür ent
wickelt, ob sich jemand allein umsehen oder auch ein bisschen schwatzen
möchte. „Man muss natürlich auf die Leute zugehen und darf nicht nur still
hinter der Kasse warten.“ Eine Sache, die sie sich vorher leichter vorgestellt
hatte, ist das Dekorieren. „Gerade beim Schaufenster. Welche Waren sind ge
eignet? Wie arrangiere ich alles so, dass es von außen gut aussieht, aber von
innen auch leicht sauberzumachen ist? Das kostet Arbeit und Zeit und manch
mal fehlt auch eine dritte Hand. Ich mache hier eben wirklich alles allein. Das
heißt, ich darf auch nicht krank werden. Urlaub gab es bisher auch nicht, außer
zu Weihnachten. Das ist schon ein straffes Programm, vor allem, da ich bis vor
kurzem noch einen Nebenjob hatte und mir wohl auch wieder einen suchen
werde. Finanziell läuft es nämlich noch nicht ganz so, wie ich es mir wünsche.“
Bereut hat sie den Schritt in die Selbstständigkeit aber trotzdem nicht. „Ich
wollte es in jedem Fall versuchen. Und ich bin ja erst im ersten Jahr.“ (mü)
Vom Hobby zum Handel
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Wer seine Hände nicht stillhalten kann und immer etwas bastelt oder näht oder werkelt – hat über kurz oder lang alle Verwandten und Freunde beschenkt
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und weiß dann oft nicht mehr wohin mit den selbstgemachten Unikaten. So ging es zumindest Afra. „Schade, dass es in Erfurt keinen Laden gibt, in demman
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als Hobbybastler Verkaufsflächen für seine Kunstwerke mieten kann“, dachte sie sich, ärgerte sich aber nicht weiter darüber und eröffnete mit ihrem „Boxes“
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eben einfach selbst genau so einen.
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